Erst einmal allen Leser einen guten Rutsch in das Jahr 2018! Auch die Zeit der Jahresrückblicke endet damit schon wieder. Im Gegensatz zum letzten Jahr, wo ich noch so etwas, wie einen Jahresrückblick geschrieben habe, fokussiere ich mich dieses Jahr stärker. Dies ist aber ähnlich wie die Tatsache, dass ich die letzten Monate gar nicht zum Schreiben gekommen bin, vielen tollen persönlichen und beruflichen Veränderungen geschuldet. Lust hätte ich schon all die Ereignisse rund um die Bundestagswahlen, Trump, Macron, Kim Jong Un, G20 usw. zu kommentieren. Doch werde ich mich dieses Jahr ganz auf die Veränderungen in der IT-Welt und im Besonderen auf die Welt der Freien Software konzentrieren.
Doch selbst dieses Feld ist riesig und es hat in diesem wahnsinnig viele Entwicklungen und Veränderungen gegeben. Hier ist es meiner Einschätzung nach müßig auf einzelne Versionssprünge und neue Features einzugehen, so toll sie auch sind. Doch eine Veränderung sticht meiner Einschätzung nach aus den Ereignissen des Jahres heraus und wird wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren Auswirkungen auf die gesamt IT-Welt haben.
Das Jahr 2017 brachte das Ende des Ubuntu-Desktops. Jetzt werden einige einwenden, dass es doch weiterhin gleich eine ganze Reihe von verschiedenen Ubuntu-Flavours gibt, die ganz unterschiedliche Desktops mitbringen, sei es nun Ubuntu, Kubuntu, Xubuntu oder wie sie alle heißen. Dies ist natürlich richtig. Doch hat es eine entscheindende Veränderung im letzten Jahr gegeben:
Am 5. April verkündete Ubuntu-Gründer und Mäzen Mark Shuttleworth in einem Blog-Eintrag auf Insights Ubuntu, dass sich Ubuntu in Zukunft auf IOT und Server konzentrieren werde und daher die Entwicklung von Unity einstellen werde und damit einhergehend die Einstellungen der Bemühungen im Bereich Ubuntu Phone und der Convergence (d.h. dem Ziel einen Desktop für alle Geräteklassen zu entwicklen). Zwar betonte Shuttleworth, dass dies nicht die Einstellung der Bemühungen im Bereich des Desktops bedeuten würde, die erfolgten Entlassungen bei Canonical, dem Unternehmen hinter Ubuntu, sprechen allerdings eine andere Sprache.
Schon allein diese Kündigungswelle, bei der einige hundert Entwickler entlassen wurden, sollte deutlich machen, dass hier eine Schwächung der Welt der Freien Software insgesamt erfolgt ist. Auch die Argumentation einiger, die diese Entwicklung begrüßten und meinten, dass es gut sei, dass jetzt auch Ubuntu als Standard-Desktop Gnome einsetze, da damit Ressourcen gebündelt würden, stellt sich hierdurch als falsch heraus. Es sind nun einfach weniger Ressourcen vorhanden.
Doch schon der Ansatz dieser Argumentation ist falsch, denn auch in der Welt der Freien Software finden große Entwicklungen häufig dadurch statt, dass es verschiedene konkurrierende Ansätze gibt. Nur ist es bei Freier Software z.B. möglich ein bestehendes Projekt zu forken und dann mit einer eigenen Ausrichtung weiterzuführen und es entsprechend zu verändern (Beispiel OwnCloud und Nextcloud) oder es können Teile eines Projektes verwendet werden (so die Nutzung von vielen Gnome-Bestandteilen in Unity). Zwar gibt es wie schon erwähnt weiter eine ganze Reihe an Desktops, doch bis auf die großen Projekte (wie KDE und Gnome) haben alle anderen viel kleinere Entwicklergemeinden hinter sich und können daher nicht die Qualität erreichen, die Unity mit sich brachte. KDE und Gnome, die beiden verbliebenen Schwergewichte haben es in den Jahrzehnten, die es sie schon gibt, nicht geschafft, außerhalb einer kleinen Gemeinde von Linux-Nutzern Aufmerksamkeit zu erhalten. Dies war bei Unity schon anders. Denn auch wenn Ubuntu mit Gnome als Desktop groß geworden war, so wirkte doch Unity immer ausgereifter und durchdachter und vor allem benutzerfreundlicher als „die Quälerei“ mit Gnome, hier vor allem nach dem Versionssprung auf Gnome 3.
Zwar haben die Ubuntu-Entwickler in kurzen Zeit bei der Erstellung von 17.10 wirklich erstaunliches geleistet und haben dem Gnome-Desktop zumindest ein Unity-Look gegeben. Doch im Vergleich zur Vorgängerversion wirkt der Desktop unschön und nicht wie bei Unity bis in das letzte Pixel durchdacht. So wird viel Platz verschenkt, die Gnome-Menüs sind inkonsistent gestaltet und unübersichtlich. Außerdem fehlen großartige Entwicklung wie das HUD. Zwar kann man hoffen, dass der Desktop zur nächsten Ubuntu-Version noch einiges an Arbeit erfährt und die Qualität wieder steigt. Doch es fehlen einfach jetzt einige hundert Entwickler, was sich zwangsläufig auf die Qualität auswirkt. Dass gerade die Installations-Images wegen eines Fehlers bei einigen Lenovo-Geräten zurückgezogen werden mussten, passt leider in das traurige Bild.
Das schon lange ersehnte und beschworene Jahr des Linux-Desktops ist mit dem Ende der Entwicklung von Unity leider in weite Ferne gerückt.