Ekel

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Ekel ist das, was ich heute empfinde. Ekel ist das, was ich empfinde, wenn ich sehe, wie in Sachsen hilfesuchende Männer, Frauen und Kinder bedrängt und bedroht werden. Es ist ekelig mitanzusehen, wie diesen Leuten jegliche Menschlichkeit verlorengegangen zu sein scheint.

War ich die letzten Wochen und Monate schon immer wieder schockiert, wie die so genannten sozialen Medien wie Facebook, Google+ u.a. immer mehr zu asozialen Medien verkommen sind und darüber wie ignorant, geschichtsvergessen oder einfach gehirnamputiert sich hier einige geäußert haben, so wurde in Clausnitz (wie zuvor auch schon in anderen Orten wie Heidenau u.a.) eine weitere Grenze überschritten.

Ekel ist jedoch nicht nur das, was ich empfinde, wenn ich diesen empathielosen Mob betrachte. Nein, auch wenn ich mir das Vorgehen der Polizei ansehe, die absolut verängstigte Kinder gewaltsam aus dem Bus zerrt, wird mir übel.

Dabei meine ich nicht nur den einzelnen Polizisten (dessen Vorgehen ohne Frage inakzeptabel ist), sondern vielmehr die (politischen) Verantwortlichen. Seit Monaten überziehen (Neo-)Nazis die Republik mit Terrorangriffen. 2015 wurden fast tausend Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte registriert, darunter alleine 76 Brandanschläge. In den nur ca. 50 km entfernten Stadt Heidenau kam es im September 2015 zu gewaltsamen Ausschreitungen von Neonazis, bei denen mehrere Menschen verletzt wurden. Genauso im ca. 40 km entfernten Freital. Und da wird ein solcher Mob nicht antizipiert? Markus Ulbig (CDU), seines Zeichens Innenminister Sachsens, sollte also nicht nur das Verhalten dieser als „beschämend“ (s. Video; 1:00) bezeichnen, sondern sich vielmehr selber schämen, dass er nicht vorbeugend gehandelt hat. Ich kann nur Sascha Pallenbergs Frage wiederholen: Muss erst ein Brandsatz in einen voll besetzten Bus fliegen, bevor Innenminister und Polizeipräsident die Signale hören?

Meiner Meinung nach kann man hier nur von Staatsversagen sprechen. Verantwortlich ist jedoch nicht nur die offensichtliche Unfähigkeit eines Markus Ulbig. Es rächt sich vielmehr wieder einmal, wie an vielen anderen Stellen, dass der Staat durch die neoliberale Politik der letzten Jahrzehnte kastriert worden ist. So fahren öffentliche Stellen, egal ob dies die Polizei, das Bildungssystem o.a. Bereiche sind, auf Verschleiß. Reserven für Ausnahmesituationen sind nicht vorhanden. Und anscheinend scheinen auch für grundsätzliche Aufgaben keine Ressourcen mehr vorhanden zu sein. Wie in diesem Beispiel zu sehen ist, wird dadurch die Frage wieder eröffnet, wofür Deutschland stehen möchte: für einen Unrechtsstaat, in dem sich der Mob durchsetzt oder für einen modernen, demokratischen Rechtsstaat, in welchem Minderheitenrechte gewahrt werden. Auch in dem Bewusstsein, dass diese Frage wieder ganz offen zutage tritt, empfinde ich Ekel.

Autor: Alexander Kallenbach

Mein Name ist Alexander Kallenbach. Ich schreibe hier auf Scroom über alles mögliche – vor allem aber über IT. Hierbei interessieren mich besonders freie und/oder quelloffene Software sowie deren Entwicklung und Einsatz. Außerdem interessieren mich Auswirkungen von IT auf unser Leben. Hierbei ist die Nutzung von Daten und somit auch Datenschutz ein Themenbereich.

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